Universität Bonn

Institut für Informatik

15. September 2025

„Wer auf Spitzenniveau forschen will, kann auf KI nicht verzichten“ „Wer auf Spitzenniveau forschen will, kann auf KI nicht verzichten“

Prof. Dr. Christian Bauckhage spricht im Interview über Herausforderungen und Chancen beim Einsatz Künstlicher Intelligenz an der Uni Bonn

Wie wird der Einsatz Künstlicher Intelligenz Forschung, Lehre und Verwaltung an der Universität Bonn prägen? KI-Experte Prof. Dr. Christian Bauckhage, Professor für Informatik an der Uni Bonn, Co-Direktor des Lamarr-Instituts und Sprecher des universitätsweiten Think Tanks KI erklärt, wie solche Systeme bereits heute den Arbeitsalltag  verändern und warum menschliche Urteilskraft in Zukunft immer wichtiger werden wird. 

Prof. Dr. Christian Bauckhage, Professor für Künstliche Intelligenz
Prof. Dr. Christian Bauckhage, Professor für Künstliche Intelligenz - „Wer auf Spitzenniveau forschen will, kann auf KI nicht verzichten“ © Universität Bonn
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Herr Professor Bauckhage, die Universität hat im Rahmen ihrer Digitalstrategie vor etwas mehr als einem Jahr den Think Tank KI ins Leben gerufen. Für welchen Zweck und mit welchem Ziel?

Mehr als 20 Kolleginnen und Kollegen aus ganz unterschiedlichen Disziplinen kamen im Think Tank KI zusammen: aus der Informatik, den Bereichen Recht, Medizin, Philosophie und Linguistik, aber auch aus der Verwaltung, und dem Hochschulrechenzentrum.  Unsere Aufgabe war es, Empfehlungen für das Rektorat zu erarbeiten, aus denen hervorgeht, wie die Universität Bonn im 21. Jahrhundert mit der Herausforderung KI umgehen sollte. Wir leben in einer Zeit, in der Maschinen erstaunliche Leistungen vollbringen und Studierende diese Systeme rege nutzen, um beispielsweise Hausarbeiten damit zu verfassen. Im Think Tank sind ganz unterschiedliche Perspektiven aus den Fachbereichen in unsere Überlegungen eingeflossen. Für die Jurist*innen stand beispielsweise das Thema Datenschutz und Haftung im Mittelpunkt, während Philosoph*innen das Wesen von Intelligenz und ethische Aspekte näher beleuchten wollten. Wir haben uns alle sehr gut ergänzt, um so viele Aspekte wie möglich abzudecken. Ich als Informatiker bin definitiv optimistisch: KI wird uns in vielen Bereichen entlasten können, wenn wir sie klug einsetzen.

Was empfiehlt der Think Tank?

Die Universität sollte den Einsatz von KI in Forschung und Lehre ermöglichen und nicht verbieten. Wichtig ist aber, dass dies, beispielsweise beim ersten Austesten, in gesicherten Umgebungen passiert, etwa in sogenannten Sandbox-Systemen, in denen keine Daten an Dritte abfließen. Auch in der Verwaltung sehen wir großes Potenzial. Dort laufen viele Aufgaben prozesshaft ab – KI kann etwa beim Ausfüllen oder Prüfen von Formularen unterstützen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels, mit vielen Mitarbeitenden, die bald in den Ruhestand gehen, ist das eine wichtige Möglichkeit der Entlastung für Kolleg*innen, die wir nutzen sollten. 

Welche Auswirkungen hat KI auf die Lehre?

Da stellt sich ganz konkret die Frage, wie wir in Zukunft prüfen wollen. Ich habe, als ChatGPT veröffentlicht wurde, Übungsfragen ausprobiert – und war erstaunt, wie gut das Modell sie lösen konnte, obwohl sie mathematisch durchaus anspruchsvoll waren. Das heißt für mich: Wenn es nochmal eine Pandemie gäbe und Online-Klausuren anstehen würden – wir könnten das nicht mehr so machen wie 2022. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Wir werden über neue Curricula, neue Prüfungsformate und neue Formen des wissenschaftlichen Arbeitens sprechen müssen. Das war im Think Tank breiter Konsens. 

Und wie verändert KI das Lernen selbst?

Wir werden Studierenden nicht mehr nur beibringen können, wie man etwas schreibt oder programmiert, sondern insbesondere auch, wie man die Ergebnisse überprüft. Denn KI kann halluzinieren. Das bedeutet: Sie erzeugt Aussagen, die falsch sind, aber plausibel klingen. Und genau deshalb wird die Fähigkeit zu erkennen, ob etwas richtig oder falsch ist, immer wichtiger. Das betrifft Studierende, Lehrende, Prüfende – letztlich uns alle.

Welche Rolle spielt KI für die Forschung an der Universität Bonn?

Eine sehr große. In den Exzellenzclustern – etwa PhenoRob – ist KI längst fest verankert. Dort entwickeln wir automatisierte Systeme für die Landwirtschaft, die intelligenter düngen, effizienter ernten oder besser bewässern. In der Physik hilft KI beim Analysieren riesiger Datenmengen, etwa bei der Auswertung von Bildern des James-Webb-Teleskops. Klar ist: Wer auf internationalem Spitzenniveau forschen will, kann auf KI nicht mehr verzichten. Denn ohne KI-Systeme wären viele Entdeckungen schlicht nicht möglich.

Haben Sie eine Botschaft an die Menschen, die das Thema KI verunsichert?

 Keine Angst - niemand muss zum KI-Experten werden. Denken Sie an das Smartphone: Vor 20 Jahren war das, was damit möglich ist, undenkbar. Heute nutzen wir es intuitiv. Ähnlich, da bin ich sicher, wird es mit KI-Anwendungen sein. Deshalb ist es wichtig, dass die Universität Bonn jetzt die richtigen Strukturen schafft, um alle Mitarbeitenden mitzunehmen – mit verständlichen Schulungen und einem Angebot für sichere Anwendungen.

Die Digitalstrategie der Universität Bonn definiert die Maßnahmen und Strukturen ihrer digitalen Transformation. Der Think Tank KI ist eine Struktur im Zielbereich Neue Bereiche in Forschung und Lehre in der sich wissenschaftliche Expert*innen mit der zunehmenden Relevanz des KI-Einsatzes in allen Wissenschaftsbereichen befassen. Der Think Tank erarbeitet sukzessive strategische Empfehlungen an das Rektorat, wie die Universität mit der rasanten Entwicklung Schritt halten kann. Mehr dazu: digital.uni-bonn.de

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