Es war ein Bild, das hängen blieb: Vor dem Informatikzentrum der Universität Bonn tummelten sich über 300 junge Menschen in bunten Team-Shirts, mit Landesflaggen in der Hand oder auf den Badges. Manche warfen Schals über die Schultern, andere hielten ein Eis in der Hand. Es war laut, lebendig, offen und überraschend global – für einen europäischen Wettbewerb. Neben Ländern aus Europa nahmen auch Delegationen aus anderen Teilen der Welt teil, u. a. aus Brasilien, den USA, Saudi-Arabien, Japan und Neuseeland.
Der Grund für dieses bunte Treiben: Die European Girls’ Olympiad in Informatics (EGOI), die vom 14. bis 20. Juli 2025 erstmals in Deutschland stattfand. Bonn war Gastgeberin des einzigen internationalen Programmierwettbewerbs speziell für Schülerinnen und non-binäre Jugendliche. Mehr als 200 Teilnehmerinnen aus rund 50 Ländern kamen zusammen. Der Auftakt auf dem Campus Poppelsdorf zeigte: Diese Veranstaltung ist nur ein Contest, sondern auch eine Bühne für Gemeinschaft, Forschung und Chancengleichheit.
Ein starkes Netzwerk hinter der EGOI 2025
Organisiert wurde EGOI 2025 von den Bundesweiten Informatikwettbewerben (BWINF) gemeinsam mit der Deutschen Telekom AG und Jane Street – in Partnerschaft mit dem Institut für Informatik der Uni Bonn und dem Lamarr-Institut. „Wir freuen uns sehr, als Academic Partner den weltweit größten Programmierwettbewerb für Mädchen zu unterstützen. Die Förderung von Frauen in der Informatik liegt uns besonders am Herzen, denn Vielfalt und Chancengleichheit sind entscheidende Faktoren für Innovation und Fortschritt in unserem Fachgebiet und den angrenzen Disziplinen,“ sagt Dr. Felix Boes, Leiter der Gleichstellungs-AG GIDIS und Organisator der EGOI seitens des Instituts für Informatik.
Bevor es für die Eröffnungsfeier in den Hörsaal ging, bot die Informatik Bonn Einblicke in ihre Arbeit: Die Schülerinnen konnten in Workshops aktuelle Forschung des Instituts für Informatik kennenlernen, von KI bis Robotik, von Softwaredesign bis Data Science. Parallel besuchten die Teamleitungen die Reception „Science Coffee – Computer Science in Bonn“ im Hörsaalzentrum. Dort luden Themeninseln zu Gesprächen über Gleichstellung in der Informatik, Cybersicherheit, den Wirkungsbereich des Lamarr-Instituts, den Transfer von Forschung in die Wirtschaft mit der EnaCom oder Internationales Studieren in Bonn ein. Bei Häppchen und Getränken wurde diskutiert und genetzwerkt.
Flaggen, Forschung, Frauenpower: Die Eröffnung im Hörsaal
Im großen Hörsaal, der bis auf den letzten Platz gefüllt war, moderierte Dr. Wolfgang Pohl von BWINF die offizielle Eröffnung. Grußworte von Rektor Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Hoch und Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner machten klar: „Bonn is the place to be“ – insbesondere in der Informatik. Musikalisch begleitet wurde das Programm von Clara Wedel (Posaune) und Effie Falkenroth (Klavier).
Es folgte eine spannende Paneldiskussion zum Thema „Your Future in Computer Science – Why We Need More Diversity in IT“ mit beeindruckenden Panelistinnen: Christine Regitz, Präsidentin Gesellschaft für Informatik (GI), Janine Rensmann, Chief Human Resources Officer bei der Deutschen Telekom und Prof. Dr. Lucie Flek, Professorin für Data Science und Language Technologies beim Bonn-Aachen International Center for Information Technology (b-it) sowie Area Chair for Natural Language Processing am Lamarr-Institut. Moderiert wurde das Panel von Gabriela Brüll, Doktorandin, und Anna Höpner, Masterstudentin der Informatik Bonn. Die Diskussion auf der Bühne machte deutlich: Chancengleichheit und Diversität sind kein Zusatz, sondern Grundlage einer verantwortungsvollen digitalen Welt.
Warum Diversität die Zukunft der IT ist
„Wenn nur eine kleine Gruppe alles entscheidet, passt die Technik am Ende nicht für alle. Wir brauchen mehr Stimmen, mehr Sichtweisen – damit KI fair ist und allen wirklich hilft. Eure Ideen können alles verändern. KI gestaltet unsere Zukunft und dafür braucht es junge Frauen wie Euch“, sagte Prof. Dr. Lucie Flek. Sie forscht am b-it und Lamarr-Institut an der Universität Bonn in einem diversen und multikulturellen Team zum Thema Künstliche Intelligenz und Sprachverarbeitung. Diese Erfahrungen prägen ihre Ansichten über die Bedeutung von Vielfalt in der Wissenschaft deutlich: „Forschung lebt von Kreativität. Neue Ideen entstehen, wenn man Dinge mal anders sieht, aus einer anderen Perspektive. Und dafür braucht es Menschen mit verschiedenen Erfahrungen und Hintergründen. Genau deshalb ist Vielfalt in der KI so wichtig und genau dafür setzen wir uns am Lamarr-Institut ein, indem wir KI methodisch aus verschiedenen Blickwinkeln erforschen und vielfältige Anwendungsbereiche adressieren.“
Emotionaler Höhepunkt der Eröffnung war die Vorstellung der Teams. Die Delegationen aus über 50 Ländern wurden einzeln aufgerufen, jeweils begleitet von Applaus und kleinen kreativen Gesten. So warfen z. B. die Kroatinnen ihre Hüte ins Publikum und die Schweizerinnen teilten Schokolade. Es herrschte olympische Stimmung, ganz ohne Sport, aber mit ebenso viel Fairness und Euphorie.
Informatik Bonn setzt sich für mehr Frauen in der IT ein
Dass die Eröffnungsfeier am Campus Poppelsdorf stattfinden konnte, ist vor allem dem Engagement von Dr. Felix Boes zu verdanken. „Mit unserer Beteiligung möchten wir Mädchen und junge Frauen ermutigen, ihr Interesse und ihre Talente im Bereich Informatik auszutesten und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus bieten wir auch für unsere Studentinnen regelmäßig verschiedene Programme, Preise und Veranstaltungen an, um sie auf ihrem Weg zu unterstützen und zu vernetzen. Unser Ziel ist es, ein inspirierendes und förderndes Umfeld zu schaffen, in dem alle ihr volles Potenzial entfalten können.“ Boes arbeitet als Akademischer Rat in der Informatik IV und leitet dort die Gleichstellungs-AG GIDIS. Diese unterstützt insbesondere weibliche Studierende in der Informatik Bonn mit exklusiven Veranstaltungen und Preisen, wie Unternehmensbesuchen, Netzwerk-Events und dem Grace-Hopper-Preis für herausragende Abschlussarbeiten.
Wettbewerb, Exkursionen und Auszeichnungen
An den beiden Wettbewerbstagen im Telekom Forum war höchste Konzentration gefragt. Algorithmisches Denken, Ausdauer und Kreativität standen im Mittelpunkt. Ergänzt wurde das Programm durch Exkursionen, etwa zur Deutschen Telekom sowie dem „Jane Street Day“ mit Workshops und Unternehmenseinblicken.
Zum Abschluss wurden 20 Gold-, 31 Silber- und 64 Bronzemedaillen verliehen. Doch unabhängig von Platzierungen gewannen alle Teilnehmerinnen: an Selbstvertrauen, Inspiration und einem Netzwerk, das über Kontinente hinweg verbindet.
Seit ihrer Gründung 2021 wächst die EGOI nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in ihrer Bedeutung. Die nächste Ausgabe findet im Mai 2026 in Italien statt – mit demselben Ziel: Vielfalt sichtbar machen, Talente fördern und gemeinsam an einer inklusiven IT-Zukunft arbeiten.